Verteidigungsminister und Integrationsfigur

Darren Stackhouse kennt das Leben als moderner Vagabund. Doch bei der Mitteldeutschen Basketball Academy (MBA) ist der ehemalige Profi heimisch geworden. In der kommenden Saison coacht der 39-Jährige die U16 in der Jugend-Basketball-Bundesliga (JBBL).

Darren Stackhouse ist als Basketballer viel herumgekommen. Von seiner Erfahrung soll in der kommenden Saison die U16 der MBA in der Jugend-Basketball-Bundesliga (JBBL) profitieren. Foto: MBA/Schaarschmidt

Gute Spieler werden im Verborgenen gemacht. Dort, wo niemand zusieht und der Jubel der Fans nur eine dumpfe Illusion ist. Wo die Einsamkeit lauert und einzig die Rufe eines Trainers die Stille durchdringen. Darren Stackhouse weiß das. Es war seine Stimme, die durch die Turnhalle des Leipziger Reclam-Gymnasiums hallte, und sein Schützling war ein gewisser Andreas Obst. Eine Woche lang trainierte Stackhouse den Nationalspieler im Sommer individuell. Dem gebürtigen Hallenser Obst ging es vor allem darum, seine Range beim Dreier zu verbessern, also darum, seine Gefährlichkeit bei Würfen von deutlich hinter der Dreierlinie. Bei der kürzlich zu Ende gegangenen Eurobasket avancierte Obst zu einem der besten Spieler einer deutschen Mannschaft, die sensationell Bronze gewann. Er traf fast fünfzig Prozent seiner Dreierversuche.

Stackhouse käme nie auf die Idee, die Lorbeeren für Obsts famoses Turnier abgreifen zu wollen, er freute sich einfach für ihn und darüber, wie toll sich die DBB-Auswahl entwickelt hat. Stackhouse erinnert sich genau daran, wie er in der Saison 2011/12, damals noch als Spieler für das ProB-Team von Alba Berlin, auf Dennis Schröder und Daniel Theis traf. Die beiden waren damals noch Teenager und sammelten im Braunschweiger ProB-Team erste Erfahrungen im Seniorenbereich. „Man sah sofort, dass sie sehr talentiert sind. Aber ich konnte mir damals noch nicht vorstellen, dass sie einige Jahre später in der NBA spielen würden“, sagt Stackhouse, der zu seiner aktiven Zeit selbst ein sehr passabler Basketballer gewesen war. Nach ersten Profistationen in Finnland und Norwegen war er 2007 nach Deutschland zum Regionalligisten BG Dorsten gewechselt. Doch Stackhouse blieb ein Reisender, er spielte in Recklinghausen und beim ehemaligen Bundesligisten aus Herten, ehe es ihn in den Osten Deutschlands zog, wo er für Cottbus und schließlich für Alba Berlin spielte.

Monetär hat ihn der Basketball nie reich gemacht, wohl aber reich an Erinnerungen, Freundschaften und Verbindungen. „Mein Nachname hat mir viele Türen geöffnet“, weiß Stackhouse. Sein acht Jahre älterer Cousin Jerry absolvierte schließlich über 1.000 Spiele in der NBA und war zwischen 2004 und 2009 Teamkollege von Dirk Nowitzki bei den Dallas Mavericks. Darren hatte sich schon immer für den Trainerjob interessiert, und nach Stationen in Langen und Crailsheim, wo er im Herrenbereich als Co-Trainer und bei Jugendmannschaften in hauptverantwortlicher Rolle fungierte, fand er 2016 den Weg zum Mitteldeutschen BC. Nach der Gründung im Mai 2018 übernahm er verschiedene Funktionen in der MBA, es gab in den zurückliegenden Jahren kaum einen ambitionierten Nachwuchsspieler, der nicht irgendwann von der Expertise und Erfahrung des Amerikaners profitierte. Im Frühjahr übernahm Stackhouse interimsweise die U19 der MBA und feierte mit ihr nach einer nervenaufreibenden Saisonendphase den Klassenerhalt in der Nachwuchs-Basketball-Bundesliga (NBBL).

In der Region ist er längst heimisch geworden. „Ich hatte nie geplant, so lange zu bleiben, aber Familie ändert alles.“ Mit seiner Frau und zwei Söhnen lebt er seit vier Jahren in Leipzig. Als Cheftrainer des JBBL-Teams löste er im Sommer Marcus Brambora ab. Ob er nun 19-Jährige oder 13-Jährige trainiert, macht für Stackhouse keinen großen Unterschied. „Als Trainer willst du vor allem, dass deine Spieler Einsatz zeigen, dass sie miteinander kommunizieren und zusammenspielen.“ Er selbst habe sich zu seiner aktiven Zeit über seine Defensive definiert, und das fordert er auch von seinen Spielern ein. „Man muss kein besonderes Talent mitbringen, um hart zu arbeiten. Hundertprozentiger Einsatz ist immer die Basis.“ In der Offensive ist ihm Ballbewegung sehr wichtig, die Spieler sollen einander vertrauen. Stackhouse versucht, das Beste aus zwei Welten zu verbinden – den amerikanischen und den europäischen Coaching-Stil. Auch in dieser Hinsicht erwies sich die Europameisterschaft als lehrreich. „Natürlich sieht man solche Spiele nicht nur als Fan, sondern auch aus einer Trainerperspektive. Welche Plays installieren die Coaches für ihre Mannschaft, welche Anpassungen nehmen sie während eines Spiels vor, wann nehmen sie die Auszeiten – all das war für mich sehr interessant.“