Schon immer fühlte sich Klaus Thiel dem Sport verbunden, war im Volleyball, Judo und in der Leichtathletik und als Marathonläufer aktiv. Doch als er 1991 aus purer Neugier seine Gartenarbeit unterbrach, um bei einem Basketballspiel in der benachbarten Sporthalle West vorbeizuschauen, war es um ihn geschehen. Klaus Thiel war schlagartig begeistert von dieser Sportart und dem schnellen Spiel, obwohl ihn Basketball vorher nie interessiert hatte und er keine Regelkenntnis besaß.
„Fortan schaute ich öfter in der Halle vorbei und habe immer mal mitgeholfen“, erzählt der sympathische Pensionär. Dann stieg er als Ordner ein, wurde Kassierer, später stellte er die Werbebanden auf. Als ihn 1997 der damalige Trainer Frank Menz nach dem Zweitligaaufstieg fragte, ob er vielleicht Mannschaftsbetreuer werden möchte, überlegte Klaus Thiel nicht lange. „Da habe ich ohne zu zögern zugesagt und war sofort dabei“, blickt er zurück. Seitdem gehört er zum Team hinter dem Team.
Er ist dafür verantwortlich, dass die Handtücher und Trikots zu jedem Spiel aus der Wäscherei in die Kabine kommen. „Einige Spieler legen sogar großen Wert darauf, dass die Trikots frisch sind und duften“, verrät er mit einem Schmunzeln, „Zudem muss ich die Getränke vorbereiten und bereitstellen.“ Während des Spiels reicht er den Wölfen die Handtücher und sorgt dafür, dass auf der Bank alles sofort griffbereit ist. „Das Umfeld muss während des Matchs schließlich stimmen“, gibt der 70-Jährige zu. Nach dem Schlusspfiff achtet er darauf, dass die Bank und Kabine ordentlich und sauber verlassen werden. Neben seinen regulären Aufgaben hat er auch immer ein offenes Ohr für die Spieler. „Besonders die Jüngeren vertrauen sich mir oft an“, sagt er.
Nach jedem Tipp-Off versinkt er völlig in den Spielbetrieb. „Da bin ich mit ganzem Herzen dabei und verfolge das Spiel, achte aber auch auf die Bank, dass es dort an nichts fehlt.“ Klaus Thiel gilt als Energiebündel und hat schon so manchen Spieler mit seiner positiven Art mitgerissen. Doch was ist es, das ihn selber so antreibt? „Leidenschaft und Begeisterung. Ich bin mit vollem Eifer dabei“, antwortet er ohne mit der Wimper zu zucken und ergänzt: „ich lebe den Traum, mit jungen Leuten umzugehen. So beweise ich auch, dass die Generationen prima miteinander auskommen. Ich fühle mich von allen verstanden und akzeptiert. Das ist für mich Ansporn genug, bei der Sache zu bleiben.“ Jedoch möchte er auch etwas für die Region, die Stadt und vor allem das junge Publikum tun. „Wo gibt es hier schon so ein Event, bei dem 3000 Leute für die Region mitfiebern? Ich bin Patriot für unsere Stadt bzw. Region und möchte auch einen kleinen Teil für die Begeisterung rund um den MBC leisten.“
Das ist auch der Grund, warum Klaus Thiel mit seiner Frau im Frühjahr 2005 wieder nach Weißenfels zog. „Ich brauchte Ost-Luft“, gibt er lächelnd zu. „Wir waren der Kinder und Enkel wegen nach Bergisch-Gladbach gezogen und haben in Weißenfels alles abgebrochen, hatten nur noch Telefonkontakt in die Heimat. In Nordrhein-Westfalen waren wir aber nie richtig glücklich und haben erst dort gemerkt, wie sehr wir hier mit der ganzen Region und der Stadt verwurzelt waren. Natürlich hing mir auch der MBC sehr am Herzen.“ So sehr sogar, dass der Teambetreuer oft auf Heimatbesuch war. Dann buchte er in Weißenfels ein Zimmer und kaufte sich natürlich auch Tickets für ein Heimspiel der Wölfe. Oder er war bei Auswärtsspielen in der Nähe von Bergisch-Gladbach dabei. „Da bin ich nach Köln, Bonn, Frankfurt oder Ulm gefahren, um bei der Mannschaft zu sein“, blickt er zurück.
Als es ihn und seine Frau Marianne 2005 endgültig zurück in die alte Heimat zog, stieg Herr Thiel wieder als Betreuer ein. „Das war, als ob ich nie weg gewesen bin“, erzählt er, gibt aber auch zu: „Nach jedem Spiel der Wölfe bin ich fix und fertig und kann auch abends nicht abschalten. Dafür unterhalte ich mich am nächsten Tag mit meiner Frau bei unseren täglichen Wanderungen darüber, da bereiten wir die Spiele sozusagen nach.“ Marianne Thiel hat ohnehin großes Verständnis für die Leidenschaft ihres Mannes und hält ihm den Rücken frei. „Sie ist sehr interessiert aber eher ein Fan im Verborgenen“, erzählt er, „denn sie weiß über Spieltage durch das Internet oft mehr, wie ich selber.“ Am Basketball begeistert ihn „das Flair, nah dran zu sein. Als ob du den Spielern an der Hose ziehen kannst.“ Zudem sei die Stimmung fantastisch und das Publikum hat Niveau. Es sei auch keine große Hürde für ihn gewesen, dass er anfangs keine Englischkenntnisse hatte. „Das ist vielmehr eine Abwechslung, wenn ich nebenbei noch ein bisschen Englisch lerne. Inzwischen verstehe ich sogar schon sehr viel“, erzählt er stolz.
Das junge Umfeld – Trainer, Mannschaft, Geschäftsstelle – des MBC begeistert ihn besonders. In höchsten Tönen lobt Klaus Thiel dabei das Mannschaftsklima: „Im Team haben wir tolle Charaktere, es gibt keine Gruppenbildung. Auch die Spieler mit wenig Einsatzzeit sind absolut in die Mannschaft integriert. Mich berührt, wie sie sich gegenseitig pushen, Neid untereinander gibt es überhaupt nicht. Einzig und allein die Mannschaft steht im Vordergrund. Auch die unterschiedlichen Nationen, Mentalitäten und Kulturen sowie Lebensstile bereiten keine Probleme. Das ist das beste Mannschaftsklima, was wir bisher hatten.“
Bei der Frage nach dem bisher ergreifendsten Moment in seiner „Karriere“ als Mannschaftsbetreuer muss er nicht lange überlegen. „Das war der verspätete Aufstieg am grünen Tisch 1999 durch die Lizenzübernahme von Oberelchingen. Bei dem entscheidenden Spiel am 25. April 1999 im Wolfsbau gegen Lich hätten wir mit 11 Punkten Differenz verlieren können und wären noch aufgestiegen. Es war alles vorbereitet, für die große Aufstiegsfeier, doch dann stand ein 71:84 aus unserer Sicht zu Buche. Es fehlte ein Punkt zum Aufstieg! Rund um die Halle herrschte Totenstille. Fast genau zehn Jahre später, am 18. April 2009, ging es wieder gegen Lich um den Aufstieg. Ich war fest überzeugt, dass wir das schaffen. Nach dem klaren Sieg (99:64) war ich tief bewegt und habe jeden Moment genossen. Da war für mich auch klar, dass ich noch mindestens ein Jahr als Mannschaftsbetreuer dranhänge. Auch der Empfang auf dem Rathausbalkon war eine schöne Anerkennung und rundete alles ab“, blickt er freudestrahlend zurück.
Auch Kontakte zu ehemaligen Spielern pflegt der MBC-Betreuer. So nennt er Mithat Demirel, Chris Ensminger (Telekom Baskets Bonn), Ingo Freyer (Trainer Phoenix Hagen), Douglas Spradley (Trainer Eisbären Bremerhaven) und Jan Rathjen (Manager Eisbären Bremerhaven), dem am 13. April 2001 als Trainer der bisher einzige Sieg gegen ALBA Berlin gelang (90:78).
Neben seiner Betreuertätigkeit bei den Wölfen fährt Klaus Thiel gern Fahrrad, unternimmt täglich Wanderungen mit seiner Frau und engagiert sich in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Zudem liest er gern, vor allem Werke der Weimarer Klassik und Jenaer Romantik und interessiert sich für Architektur, besonders für Backsteingotik. Außerdem hört der Weißenfelser gern klassische Musik. „Aber die moderne Hallenmusik bei den Spielen stört mich nicht. Das gehört eben zum Basketball, sorgt für Abwechslung und inspiriert mich“, gibt er offen zu. Vorausschauen auf das Saisonhighlight am Wochenende gibt er sich zuversichtlich: „Wir haben nichts zu verlieren. Rückblickend auf das Duell bei den Deutsche Bank Skyliners Frankfurt wollen wir zeigen, dass wir mithalten können. Deswegen freue ich mich nicht nur auf ein tolles Spiel, sondern auch besonders auf eine volle Halle.“
Klaus Thiel – MBC-Betreuer mit Leib und Seele
Seit vielen Jahren ist Klaus Thiel unzertrennlich mit dem Mitteldeutschen Basketball Club verbunden. Der MBC-Mannschaftsbetreuer sprach mit der MBC-Praktikantin Anja Hädrich über seine Leidenschaft Basketball.